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Michael Schikorra, ServiceNow
Sales Director Employee Experience –
Service-now.com GmbH

Interview mit

Michael Schikorra

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation am HR Softwaremarkt ein (vor dem Hintergrund „New Work“, Pandemie, etc.)?

Angesichts der globalen Pandemie, die die Arbeitsweise der Menschen im Jahr 2020 radikal veränderte, reagierten Unternehmen mit Investitionen in ein breites Spektrum digitaler Tools, Services und HR-Software. Sie sollten ihre Mitarbeiter bei der Arbeit im Homeoffice unterstützen, und sie produktiv und in Kontakt mit ihren Kollegen halten.

Durch die Verlagerung auf Remote Work hat die Pandemie die Art und Weise, wie viele Unternehmen die Mitarbeiter-Erfahrung konzipieren, auf den Kopf gestellt. Da es keinen gemeinsamen physischen Raum gibt, der die Kommunikation und Zusammenarbeit fördert, benötigen die Mitarbeiter Echtzeit-Zugang zu HR-Software, Tools, Apps und Informationen, die es ihnen ermöglichen, einzeln oder im Team gut zu arbeiten.

Eine neue Studie durch ESI Thought Lab zeigt, dass Unternehmen, die bereits vor der Pandemie in die Digitalisierung der Mitarbeiter-Erfahrung investiert hatten, also Firmen mit hohem digitalem Reifegrad, im Vorteil waren. Unternehmen, die sowohl Mitarbeitern als auch Kunden großartige digitale Erlebnisse bieten, sind bestens positioniert, um im Jahr 2021++ die Nase vorn zu haben, und erzielen klare Vorteile beim Umsatzwachstum, der Mitarbeiterproduktivität und -zufriedenheit.

Die Aufholjagd ist gestartet und viele Unternehmen wollen in den kommenden 12 Monaten ihre bestehende HR-Software ergänzen oder austauschen. Bedienbarkeit, Abdeckung wichtiger HR-Prozesse, schnellerer Zugriff auf die richtigen Informationen, Erhöhung der Mitarbeiterproduktivität, Senkung der Servicekosten, … sind nur einige der genannten Treiber.

Die Organisation digitaler Vorgänge und Verfahren, vor allem solcher, die standardisiert sind, werden zukünftig mehr und mehr in der Datenwolke verwaltet.

Was sind aus Ihrer Sicht die Erfolgsfaktoren eines HR-IT-Auswahlprojektes (Prozesse, Organisation, Standardisierung, …)?

Kaum eine Führungskraft wäre mit der Aussage nicht einverstanden, dass die Mitarbeiter das wertvollste Kapital eines Unternehmens sind. Zugleich kann kaum eine Führungskraft behaupten, sie wüsste alle Antworten auf die Frage, wie man gute Mitarbeitererfahrungen in HR gestaltet.

In ihrem Bemühen um den richtigen Umgang mit ihren Mitarbeitern wenden sich CEOs und Vorstände nun an ihre CIOs, CTOs und ebenso an ihre Personalchefs, damit diese im Team neuen Einfluss auf die Gestaltung der Geschäftsstrategie nehmen.

Die Konsumerisierung der IT hat die Spielegeln komplett neu geschrieben. Jetzt geht es nicht einfach nur darum, der Belegschaft Werkzeuge zu stellen, um Ihre Arbeit zu erledigen. Vielmehr brauchen wir mehr intelligente Tools, die einen Mehrwert für den Arbeitsalltag schaffen können, indem sie zugleich intuitiv und leistungsstark sind.

Erfolgsfaktoren sind daher:

  1. Die Formulierung einer klaren HR-Transformationsvision und wie unser Kunde die Ergebnisse/den Erfolg messen will.
  2. Über HR & IT hinauszugehen – Unsere Kunden entwickeln & integrieren zunehmend Services, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht werden, über die klassische Verwaltung der Mitarbeiterstammdaten und Payroll hinweg.
  3. Den Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen – Unsere Kunden nehmen den Mitarbeiter in den Fokus Ihrer digitalen HR-Strategie, mit dem Fokus den Arbeitsalltag zu erleichtern.

Was sind die Anforderungen aus Ihrer Sicht an die ausschreibenden Unternehmen?

Jeden Tag erleben die Mitarbeiter unserer Kunden sowohl wichtige Momente im Arbeitsleben, die besondere Bedeutung haben, z.B. das Onboarding als neuer Mitarbeiter oder eine Beförderung, als auch alltägliche Momente wie das Eintreffen neuer IT-Ausstattung, das Zurücksetzen eines Passworts oder das Heraussuchen einer Richtlinie. Die Services, die Mitarbeiter in jedem dieser Momente erhalten, wirken sich ganz erheblich auf die Mitarbeiter-Erfahrungen und die Mitarbeiterproduktivität insgesamt aus.

Daher sollten sich die Anforderungen bei der HR-Softwareauswahl an der Geschäfts-/Unternehmensstrategie ausrichten. Aus dieser heraus gestalten unsere Kunden ihre Geschäftsprozesse, leiten Ihre KPIs ab, verdienen ihr Geld.

Unternehmen, die bei der Servicebereitstellung einen mitarbeiterorientierten Ansatz verfolgen, um die Geschäftsprozesse optimal zu bedienen, erzielen dabei wesentliche Wettbewerbsvorteile und beeinflussen positiv Ihre Geschäftsresultate.

Sind aus Ihrer Sicht noch Lasten- und Pflichtenhefte im HR-IT-Auswahlprozess notwendig? (Was sind bzw. wären Alternativen?)

Viele Unternehmen nutzen use cases zur Auswahl eines geeigneten Anbieters. Grundsätzliche Systemanforderungen werden über ein RFx geprüft.

Im Rahmen des weiteren Auswahlprozesses finden zahlreiche Termine statt, in denen wir uns über best practices austauschen, use cases besprechen und modellieren.

Durch die Erfolge der letzten Jahre haben wir einen großen Pool an Referenzen aufgebaut und bieten Interessenten Gespräche mit Kunden an, die vor ähnlichen Herausforderungen standen und mit ServiceNow meistern konnten.

Das Denken in use cases bietet den Vorteil, dass Geschäftsprozesse ganzheitlich abgebildet und beschrieben werden können, ohne sich an ein formalisiertes, zeitaufwändiges Regelwerk zu binden.

Wir bauen mit unseren Kunden strategische Partnerschaften auf und sind, wie sie, an einem möglichst schnellen time-to-value interessiert.

Diese beiderseits geforderte Agilität lässt sich mit dem Gedanken klassischer Lasten- und Pflichtenhefte nur schwer vereinbaren.

Welche Themen erweitern den funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungskatalog bei Cloud Lösungen?

Die ServiceNow Plattform ist “born in the cloud”. Cloud- und On Premise Lösungen unterscheiden sich vom Funktionsumfang nur minimal und der mit Abstand größte Teil unserer Kunden entscheidet sich für das Cloud Offering, da es die üblichen Vorteile von Cloudlösungen mit sich bringt.

Wir erleben, dass sich die vor einigen Jahren noch vorherrschende Skepsis gegenüber Cloud-Lösungen inzwischen auch in Deutschland gelegt hat. Die meisten unserer Kunden setzen bereits verschiedene Produkte in der Cloud ein und sind routiniert im Durchführen der notwendigen cloud-risk Prozesse.

Als Anbieter ist es hilfreich, neben den international geforderten Zertifizierungen auch lokale Zertifikate zu erfüllen. So wurde ServiceNow 2020 die Erfüllung aller C5-Sicherheitsrichtlinien bestätigt. Dies gibt unseren Kunden, insbesondere im Öffentlichen Sektor, mehr Sicherheit.

Was sind für Sie die typischen Phasen eines HR-IT-Auswahlprojektes?

Die Wikipedia Antwort: Gedanken machen um 1. Analyse (IT-Analyse & IT-Konzeption), 2. Auswahl Ausschreibung, Anbieterpräsentation), 3. Beschaffung /Vertragsverhandlungen)!

Aber, wie schon erwähnt, sollte sich die Auswahl aus der Unternehmensstrategie unseres Kunden ableiten, was sich in folgenden Phasen/Gedanken widerspiegelt:

  • Formulieren der HR-Transformationsvision, klarer geschäftlicher Ziele und wie der Erfolgsbeitrag gemessen werden soll.
  • Erstellen eines Business Cases und Dokumentieren des erwarteten Geschäftswertes über ein Business Value Assessment. Setzen von KPI’s und Metriken und Dokumentation, wie die Leistung verfolgt wird.
  • Die digitale HR-Transformation muss vorgelebt werden. Nominierung eines Sponsors auf Führungsebene, um Änderungen voranzutreiben und Hindernisse zu beseitigen.
  • Binden Sie von Beginn an Mitarbeiter aus unterschiedlichen Fachbereichen ein und schaffen Sie eine neue Art und Weise, wie Prozesse ablaufen sollen.
  • Leiten Sie aktiv die Transformation ein UND machen Sie sich Gedanken, wie die Geschichte Ihres Erfolges an wichtige Interessengruppen und andere Abteilungen kommuniziert wird, damit sie den Wert der HR-Transformation verstehen.

Inwiefern unterscheiden sich On-Premise und Cloud-Lösungen?

In modernen HR-Systemarchitekturen findet sich eine große Anzahl unterschiedlicher Systeme, teils On Premise, teils in der Cloud. Wir legen uns als Interaktionslayer über die bestehende Systemlandschaft, verknüpfen diese und stellen so ein großartiges, einheitliches Serviceerlebnis für die Mitarbeiter sicher. Funktional betrachtet besteht hierbei nur ein minimaler Unterschied zwischen der Cloud- und der On Premise Variante unserer Plattform. Unterschiede bestehen insbesondere in der Geschwindigkeit der Bereitstellung, dem Wartungsmodell und der Entlastung der unternehmensinternen IT.

Ein Beispiel mit Bezug auf den Softwaremarkt im Rahmen der Pandemie: Nehmen wir das Impf-Management. Die Organisation bedarf digitaler Vorgänge und Verfahren. Es geht bei der Verteilung der Impfstoffe im Wesentlichen um dreierlei: Die Lieferungen müssen verfolgt werden, die Lagerbestände verwaltet und die Priorisierungen bei den Impfungen kontrolliert werden. Das ist höchst kompliziert, denn gleichzeitig müssen auch Spritzen organisiert werden, verpasste Termine neu verteilt, Ausfälle beim Impfpersonal ersetzt und schließlich auch die Ergebnisse der Impfungen selbst überwacht werden. Von den vielschichtigen Bedingungen der Impfstofflagerung ganz zu schweigen. Das On Premise?

Es entstehen Unmengen von Arbeitsabläufen, die miteinander verknüpft werden müssen. Und für solche Anforderungen eignen sich natürlich besonders Plattformen in der Datenwolke, die ohne Zeitverzug sowohl Programm als auch Speicherplatz und Rechenleistung zur Verfügung stellen.

Welche Rolle spielen On-Premise Lösungen aus Ihrer Sicht in der Zukunft?

Wir beobachten einen allumfassenden Trend zu Cloud-Lösungen. Branchen-übergreifend setzen inzwischen auch konservativere Unternehmen auf die Cloud.

Dieser Trend schließt auch Lösungen mit ein, die aufgrund der Daten als besonders sensibel angesehen werden können wie Stammdatenverwaltung oder Dokumentenmanagement.

Dem entgegen wirkt das Kippen des transatlantischen Datenschutzabkommens (Privacy-Shield) durch den EuGH im Juli 2020, das den Datentransfer zwischen USA und Europa erschwert.

Cloud Anbieter müssen ihr Angebot entsprechend anpassen, beispielsweise parallel zu Cloud Angeboten On Premise Lösungen anbieten, Daten in europäischen Datencentern hosten und die Supportmodelle umstrukturieren, um den Support regional eingrenzen zu können.

Die digitale Transformation ist die Chance dieser Zeit, ebenso wie das Cloud-Computing und die Bereitstellung von IT- oder HR-Leistungen als Service über das Internet. Und ein bestens geführtes Unternehmen ist ein digitalisiertes Unternehmen, mit Verlagerung von Betriebsabläufen ins Internet.

Welche Trends/Strömungen sehen Sie im HR/HR-IT-Bereich in den kommenden Jahren?

Mal eine andere Sicht 🙂 – Abschalten der „Always-on“-Kultur

Nachdem sich die Art des Arbeitens 2020 durch “Work from Home” stark geändert hat, erwarten wir, dass sich hybride Arbeitsmodelle schneller etablieren als zunächst gedacht.

Laut unserem Chief Innovation Officer, Dave Wright, werden wir im Jahr 2021 eine Gegenreaktion auf unsere „Always-on“-Arbeitskultur erleben. Diese Kultur gab es schon vor der Pandemie, aber sie hat sich jetzt, da so viele Mitarbeiter an ihr Zuhause gebunden sind, noch einmal verstärkt. Das Ergebnis ist, dass es häufiger zu Burnout bei Mitarbeitern kommen wird. Um dem entgegenzuwirken, werden wir eine organische Rückkehr zu strukturierteren Arbeitstagen erleben, bei denen die Mitarbeiter angeben, wann sie verfügbar sind.

Das wird nicht unbedingt eine Rückkehr ins Büro bedeuten. Stattdessen wird es eine anhaltende Verschiebung dessen geben, was als Talent-Hub wahrgenommen wird.

Letztendlich könnte das Konzept ganz verschwinden, da Mitarbeiter sich die attraktivsten Orte zum Leben aussuchen und Unternehmen ihre Büroflächen verkleinern.

In dieser neuen Arbeitswelt gehören Videochat-Plattformen zu den wertvollsten Tools für die Zusammenarbeit. Gleichzeitig hosten Videoplattformen mittlerweile Millionen von Stunden an Gesprächsvideomaterial, von denen viele vertraulich oder sensibel sind. Im Jahr 2021 werden wir das Risiko erkennen, das damit verbunden ist, und Datenschützer und Wirtschaftsführer werden wegen des möglichen Missbrauchs Alarm schlagen.

Was sind aus Ihrer Sicht die „Besonderheiten“ Ihrer Lösungen im Vergleich zu Ihren Mitbewerbern?

Wir bei ServiceNow wissen, dass unsere Kunden nach neuen Wegen suchen, um mit weniger Aufwand mehr zu erreichen, eine gesteigerte Arbeitsauslastung zu bewältigen, sofortige Einsparungen zu erzielen und mit veränderten Beschäftigungserfordernissen umgehen zu können.

Wir verstehen die Herausforderungen, vor denen Sie aktuell stehen, und wir bieten Ihnen konkrete Lösungen für diese Probleme. ServiceNow unterstützt Workflows für das gesamte Unternehmen – abteilungs-, system- und prozessübergreifend. Wobei wir als Unternehmen auch die öffentliche Hand sehen.

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